HERZ-JESU-KIRCHE
DER BRAND AM 25. /26. NOVEMBER 1994
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Die Arbeiten nach dem Brand der Herz-Jesu-Kirche passen nahtlos in meinen Themenkreis, mit dem ich mich seit einigen Jahren befasse. Es sind Zyklen von Spuren aus der Natur, Spuren, die von der Zeit und den Elementen, dem Wind, Wasser, Feuer und der Luft verändert wurden.
Die Atmosphäre, die nach dem Brand der Herz-Jesu-Kirche herrschte, berührte mich tief. Die Spuren, die das Feuer dort hinterlassen hatte, erinnerten an die Endlichkeit des Daseins. Es faszinierte mich, wie durch den Verbrennungsprozess Farbe und Struktur zu einer ästhetischen Einheit wurden.
Unmittelbar nach dem Brand der Herz-Jesu-Kirche begann ich mit der Fotodokumentation. Die weißen Säulen und Fassaden der Herz-Jesu-Kirche, die das Feuer nicht angreifen konnte, erinnerten an jenem Föhntag während des insgesamt regnerischen Novemberwetters an die Kulisse einer griechischen Tragödie.
Nicht nur die Architekturfragmente, wie die Gerippe der Fensterfront, interessierten mich, sondern auch die Strukturen der verschiedensten Materialien, die vom Feuer verändert wurden.
Besonders beeindruckten die vom Feuer teilweise zerstörten Heiligenfiguren. Dass hinter einer verkohlten Figur ein Karton mit der Aufschrift "zerbrechlich" stand, war keine Inszenierung, sondern ein irritierender Zufall.
Einen besonders starken Eindruck hinterließ die Pietà, deren Aussagekraft durch die Spuren des Feuers für mein Empfinden noch gesteigert wurde. Auch sie wurde leider, wie so viele andere Gegenstände, das Opfer der Aufräumarbeiten.
Nachdem ich meine Spurensuche mit dem Foto beendet hatte, begann ich mit der Abformung.
Auf leimgetränkten Tüchern nahm ich Spuren ab, die das Feuer an den Wänden hinterlassen hatte. Auch das Majolika-Relief (nach Modeln des 17. Jahrhunderts aus dem Chiemgau) formte ich ab. Es befand sich in der ehemaligen Sakristei und stellte die 12 Apostel dar. Auch sie wurden abgerissen und zerstört.
Mit der gleichen Technik, mit einem leimgetränkten Tuch umhüllte ich die zerstörte Christusfigur. Das regnerische Wetter erschwerte meine Arbeit. Dass ich die Christusfigur nach Einbruch der Dunkelheit in ein grabähnliches Loch versenkte, sie mit verkohlten Balken umgab und mit einem weißen Tuch abdeckte, passierte rein intuitiv. Obwohl diese überlebensgroße, verpackte Figur in der schwarzen, verkohlten Umgebung weithin sichtbar war, stand am nächsten Morgen der Bagger auf ihr. Mein Holzbalkengrab hatte eine weitere Zerstörung der hölzernen Figur verhindert. Dass das Leinentuch über dem Brustkasten zerfetzt war, steigerte die Wirkung der Verletztheit - Assoziationen an das Turiner Grabtuch werden geweckt.
Weitere Arbeiten entstanden aus den vom Feuer veränderten Stoffen und Paramenten. Während der Mesner die Schriften, Bücher und Messgewänder etc. einsammelte, die vom Feuer weitgehend verschont waren, interessierten mich nur jene Fundstücke, die vom Feuer verändert wurden, Schriften, Notenhefte, Gesang- und Gebetbücher sowie Heiligenbilder. Aus diesen Fundstücken entstanden die Papierarbeiten. Der Kampf der konträren Elemente, dem Feuer und Wasser, wird sichtbar und verleiht diesen Arbeiten eine neue ästhetische Dimension.